Vielleicht

Darf man ein Denkmal umsetzen?

Es gibt einige Denkmäler außerhalb geschlossener Ortschaften, aber niemand würde auf die Idee kommen, diese abzubauen und im Ort wieder aufzubauen, nur um sie komfortabler pflegen und nutzen zu können. Warum sollte man also die Stabkirche umsetzen?

„Was verbinden Sie mit dem Albrechtshaus?“ Eine der Top-Antworten auf diese Frage ist zweifellos: „Die Stabkirche“. Das Albrechtshaus und die Stabkirche gehören einfach zusammen, wurde die Kirche doch bereits wenige Jahre nach Eröffnung der Heilstätte gebaut. Die Baumeister haben damals den besten Platz für die Kirche gewählt: Auf den ersten Blick etwas abseits, jedoch immer präsent. Jeder Besucher des Albrechtshauses hat sie wahrgenommen.

Die Lungenheilstätten wurden Ende d. 19./Anfang d. 20. Jahrhunderts aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr außerhalb bewohnter Ortschaften errichtet. Das machte es aber auch erforderlich, ein entsprechendes Umfeld zu schaffen, um eine gewisse Selbstversorgung zu garantieren. So gab es z. B. eine eigene Wasserversorgung, Werkstätten für Maurer, Elektriker, Tischler und eine Wäscherei. Die Angestellten wohnten oftmals entweder direkt im Klinikgebäude (im Albrechtshaus auch der „Jungfernstieg“ genannt) oder mit ihren Familien in Wohnungen oder Einfamilienhäusern auf dem Klinikgelände. Die Besonderheit des Albrechtshauses war, dass es eine eigene Kirche gab. Die Verweildauer der Patienten in der Heilstätte betrug durchschnittlich 12 bis 14 Wochen, so dass die alle zwei Wochen stattfindenden Gottesdienste eine willkommene Abwechslung im sonst sehr eintönigen Alltag der Patienten darstellten. Die Kirche war für viele Patienten gewiss ein Ort der Hoffnung aber auch der Trauer, denn hin und wieder musste die Kirchenglocke auch für einen verstorbenen Patienten geläutet werden. Es gab aber auch viele schöne Momente für die Kirche, verdankt sie doch – der Überlieferung zufolge – ihre Existenz der Spende eines geheilten Patienten. Selbstverständlich fanden auch Trauungen in dieser besonderen Kirche statt.

Das Albrechtshaus als Heilstätte gibt es nicht mehr. Es ist schon seit mehr als 20 Jahren verwaist. Die umliegenden Gebäude wurden inzwischen abgerissen, die Natur hat sich diese Flächen längst zurückgeholt. Danach gab es nur noch das Haupthaus und die Kirche, bis zum 22.08.2013, als das Haupthaus brannte. Wie durch ein Wunder und sicher auch dem Umstand zu verdanken, dass das Feuer rechtzeitig entdeckt wurde, blieb die Holzkirche unbeschädigt, vom Haupthaus blieb nur eine Ruine übrig.

Vielleicht würde die Kirche noch Jahre und Jahrzehnte dort stehen, vielleicht verursacht niemals eine achtlos weggeworfene Zigarette einen Waldbrand, vielleicht schlägt der Blitz nie in einen benachbarten Baum ein, vielleicht verschafft sich nie wieder ein selbsternannter „Schatzjäger“ mit Motorsäge und Axt Zugang zur Kirche, nur um festzustellen, dass nichts zu holen ist, vielleicht…

Sind das nicht zu viele „Vielleichts“? Und wem nutzt ein Denkmal, das man nicht besichtigen kann, mit verschraubten und zerschlagenen Fenstern und Türen? Soll die Kirche wieder in ihren Dornröschenschlaf zurückfallen, sollen die Kirchenbänke wieder einstauben? Wir wollen die Kirche erhalten, instandsetzen und für alle zugänglich machen. Das Sonnenlicht soll wieder durch die schönen Fenster fallen und den Innenraum erhellen. Besucher sollen wieder auf den Bänken sitzen und die außergewöhnliche Architektur bestaunen. Wir wollen die Kirche wieder mit Leben erfüllen, jeder, der es möchte, soll sie besichtigen und nutzen können.

Ja – dieses Denkmal darf und muss man umsetzen, so schnell wie möglich.

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