Nächtliche Besucher und kleine Wunder
09.09.2017 – ein Geräusch von draußen hat mich geweckt. Es ist doch schon dunkel, wer ist da draußen? Ich höre Stimmen, das gibt es doch nicht, verdammt, Einbrecher? Entschuldigung, man flucht nicht, schon gar nicht in einer Kirche, aber das macht mich wütend. Sie haben es sich sogar gemütlich gemacht, jetzt lachen sie auch noch und ….spielen Karten! Wenn das meine Menschen wüssten, aber halt mal, das sind doch meine Menschen…..
Vor ein paar Tagen waren meine Menschen wieder da. Sie haben draußen aufgeräumt, sogar ein paar Löcher zugemacht, und dann gibt es da noch ein kleines Geheimnis, das ich noch nicht verraten darf. Heute ging es dann weiter. So langsam kenne ich das schon, ist trotzdem immer wieder spannend. Es wurde geputzt und geschmückt, draußen gemäht und Sträucher geschnitten, fast wie immer, aber heute haben sie auch Blumen mitgebracht – auch schon am Eingang - und den Altar geschmückt. Draußen wurden große weiße Zelte aufgebaut und Tische und Bänke aufgestellt.
Sogar den Weg vor der Kirche haben sie wieder saubergemacht, er war schon ganz zugewachsen. Morgen ist nämlich wieder dieser Denkmaltag – morgen, nicht heute. Seltsam, sonst haben sie die Sachen über Nacht nie hiergelassen, warum heute? Es gab auch noch viel mehr zu sehen. Sie haben doch tatsächlich einen Film gemacht, ich kenne mich ja damit schließlich aus. Da ich schon etwas älter bin, bin ich irgendwann eingeschlafen und erst durch die Stimmen von draußen wieder wachgeworden. Die da draußen sind aber keine Einbrecher, es sind sozusagen Nachtwächter. Ja genau, meine Menschen halten hier heute Wache, bin ganz gerührt.
10.09.2017 – Meine Menschen sind schon seit heute früh hier. Sie bringen manchmal schon komische Sachen mit. So eine kleine Kiste, aus der die Musik kommt. Ich frage mich, wie da wohl eine Orgel reinpasst. Und noch eine große Kiste, die Krach macht, keine Musik. Diese Kiste brauchen sie für ihre Lampen, die sie immer mitbringen. Und jetzt darf ich auch das Geheimnis verraten. An diese Kiste haben sie heute meine Lampen angeschlossen – und es hat funktioniert.
Für mich wieder ein bewegender Moment, die Wandlampen haben zuletzt 2005 geleuchtet. Kaum hatten sie alles aufgebaut, kamen schon die ersten Gäste, und es wurden immer mehr! So viele waren noch nie hier. Meine Menschen haben geduldig immer wieder die vielen Fragen beantwortet und viel über meine Kirche erzählt. Am Nachmittag kam dann der Chor. Sie haben sehr schön gesungen, bis plötzlich das Licht ausgegangen ist. So ein Pech, die große Kiste ist wohl kurz ausgegangen. Nach einiger Zeit konnten sie die Lampen wieder anmachen und dann ist es passiert, das kleine Wunder: ein Kronleuchter ist plötzlich mit angegangen. Alle haben gestaunt, und obwohl die Menschen für alles eine Erklärung haben, waren sie auf einmal sprachlos. Liebe Menschen, versucht doch nicht immer alles zu erklären, nehmt es einfach als ein Zeichen, dass ihr hier alles richtig macht.
Es war wieder ein sehr erfolgreicher Tag mit wichtigen Gästen und vielen Spenden. Ich glaube, es ist an der Zeit, einmal Danke zu sagen. Danke, an alle Gäste, die sich für die Kirche interessieren und immer wiederkommen. Danke, für die vielen Spenden, die in den letzten Monaten eingegangen sind. Und vor allem danke an meine Menschen, für die vielen Stunden, die sie hier schon verbracht haben, für ihr Durchhaltevermögen auch bei schlechtem Wetter, für die Nachtwache ….
In den nächsten Wochen wird meine Kirche noch ein paarmal aufgemacht, bevor dann Winterpause ist. Aber wer weiß, vielleicht gibt es dieses Jahr noch einen Weihnachtsbaum in der Kirche? Ich jedenfalls würde mich freuen.
Euer Drache der Stieger Stabkirche